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Konnichiwa Japan

  • Autorenbild: Louis Heinis
    Louis Heinis
  • 22. Juni
  • 29 Min. Lesezeit

Mittlerweile sind einige Monate vergangen, und ich hänge mit unserer Reiseberichterstattung hinterher. Ehrlicherweise hatte ich lange Zeit einfach keine Lust, zu schreiben. Ich habe mir nun jedoch fest vorgenommen, ein bisschen fleißiger zu sein und "die Geschichte" zu vervollständigen. Für mich, für uns und für alle Interessierten, die gerne wissen möchten, wie es uns auf unserer Reise erging. 


Stand: Ende Oktober 2024. Nach dem Schock (Datum verwechselt und Flug verpasst) in Hongkong ging unsere Reise am nächsten Tag weiter in Richtung Japan. 


Mit einem Tag Verspätung und gefühlt 1000 Datum und Uhrzeit Überprüfungen ging die Reise dann los, in Richtung Japan. Diesen „Flieger“ wollten und durften wir schließlich nicht verpassen. Das passiert mir kein zweites Mal. Die Nacht war kurz. Vor lauter Reisestress und Angst, den Flug zu verpassen, war ich schon vor dem Wecker wach. So kam es, dass wir überpünktlich am Flughafen erschienen. Edisa meinte zwar, dass die Überpünktlichkeit vollkommen übertrieben sei und sie sich wie Tom Hanks im Film, „Terminal“, fühlte. Es kam ihr vor, als hätten wir am Flughafen gewohnt bzw. Jahre dort verbracht. Mir war das jedoch vollkommen Wurst.

 

I am back! Der „Deutsche“ Louis war wieder zurück in seinem Element.

 

Der nächste Stopp unserer Reise wurde Tokio. Wir freuten uns wahnsinnig und waren sehr gespannt, was uns alles erwarten würde. Japan ist ein modernes Reiseziel. Man hörte viel von links und rechts. Ja, es kam mir kurz vor Reisebeginn so vor, als würde gerade „jeder“ nach Japan reisen.

 

Es war quasi plötzlich so, als wären „wir“ wieder schwanger. Man sieht dann überall nur noch Schwangere. Dieses Phänomen galt nun auch für unsere Japanreise. Japan hier, Japan da, Japan trallala.

 

Social Media machte uns das Ganze natürlich sehr schmackhaft, fütterte uns mit Informationen und trug dazu bei, dass die Vorfreude ins Unermessliche stieg. Die Erwartung war dementsprechend riesig. Wir malten uns aus, auf freundliche und verrückte Menschen zu treffen. Wir freuten uns auf leckeres Essen, Komfort und Hygiene. Dieses kulturreiche Land mit seiner geschichtsträchtigen Vergangenheit sollte einige Abenteuer für uns bereithalten. Und wir waren sowas von bereit, etwas zu erleben. Wir planten, 5 Wochen in Japan zu verbringen. Es sollte ein besonderes Abenteuer werden.

 

Ob das so schlau war? Nö. Oft kommt es anders als geplant.

 

Den genauen Ausreisezeitpunkt hielten wir vor Reisebeginn offen. Eines stand jedoch fest. Und zwar war klar, dass wir am 04.12.2024 von Seoul nach Deutschland zurückfliegen werden. Somit standen noch ein paar Tage in Südkorea auf dem Programm, bevor das Jahr 2024 endete. Wir hatten 5 Wochen Zeit, um von Tokio nach Seoul zu gelangen. Aber eins nach dem Anderen. Wir landeten abends in Tokio, Narita. Kaum hatten wir den Flieger verlassen, wurde uns sofort klar, wo wir uns befanden. Willkommen im Mutterland von Anime. Es begrüßten uns zahlreiche Pokémon. Die Kinder (die kleinen und großen Kinder) waren ganz aus dem Häuschen.

 


Hallo Kindheitserinnerungen. Relaxo, Pikachu, Raichu und Edisa’s geliebte Sailor Moon, hießen uns am Flughafen Tokio Narita willkommen.


Am Gepäckband wurden wir von einem freundlichen Hund begrüßt, welcher wohl ein Problem mit dem in Hongkong gekauften Chicken-Sandwich hatte. Ooops. Ich habe nicht mehr daran gedacht, dass da noch ein Sandwich in der Tasche war. Man hat uns auf eine äußerst freundliche Art und Weise klargemacht, dass wir eigentlich Schwerverbrecher sind, weil wir quasi unbeabsichtigt versucht haben, die japanische Bevölkerung mit Hongkong Chicken auszulöschen. Das Sandwich wurde sofort fachgerecht entsorgt. Mit äußerster Vorsicht und mit einer Anti-Hongkong-Chickensandwich-Schutzausrüstung ausgestattet, nahm der Beamte das Sandwich entgegen. Die ganze Szene hatte einen Touch von Atommüll-Endlager. Ich mag mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn wir dieses Sandwich gegessen hätten.

 

Hongkong Chicken? Wiederholte der Beamte mit „großen“ Augen, als ich ihm sagte, wo wir das Sandwich gekauft hatten. Nach 8 Monaten in Asien sahen wir zum ersten Mal so etwas wie einen Gesichtsausdruck.

 

Man munkelt, dass ein Seebeben im März 2011 einen Tsunami auslöste, welcher die Ostküste Japans traf. Dieser löste wohl eine Unfallserie im Kernkraftwerk Fukushima aus. Infolgedessen kam es zur Freisetzung von radioaktiven Nukliden. Vielleicht aber, und das ist meine ganz persönliche Theorie, explodierte ein Werkmitarbeiter, nachdem er in seiner Pause ein ins Land geschmuggeltes Hongkong-Chickensandwich gegessen hatte. Wir werden die Wahrheit wohl nie erfahren. Spaß bei Seite. Das ganze Theater hat schon seine Berechtigung. Auf unserer Reise durch Asien haben wir schon so manch tote Gockel gesehen, welche vor lauter tot grillen, tot kochen oder herumgammeln (ungekühlt an der Sonne bei 40 Grad) beinahe wieder angefangen haben zu leben. Nebst dem unbeabsichtigten Schmuggelversuch, kam noch dazu, dass Enaila dem Zollhund vielleicht seine Karriere zerstört hatte. Sie freute sich über den schwänzelnden Vierbeiner, der die feinste Ware aus Hongkong schon von Weitem „erschnüffelte“ und streichelte ihn. Der treudoofe Beagle, in seinem coolen Zoll Outfit, kam schwänzelnd und voller Freude direkt auf uns zu „gedackelt“. Jedes dreijährige Kind hätte den schwänzelnden Vierbeiner gerne gestreichelt. Die Streicheleinheit war jedenfalls nicht gerne gesehen. Das sollte man nicht tun und sorgte sogleich für den nächsten Skandal. Enaila hat das nicht verstanden. Sie erfreute sich schlichtweg an dem freundlichen Hund, der um sie herumschnüffelte. Nach dem zweiten Rüffel durften wir einreisen. Der Flohbeutel wird wohl nie wieder etwas anderes als Hongkong Chicken riechen, nachdem Enaila ihn mit ihren Hongkong Chickensandwich-Finger gestreichelt hatte.


Zum Glück war es ein japanischer Zollhund, welchem bestimmt ein würdevoller Ruhestand gewährt wird. Bei einem chinesischen oder vietnamesischen Hund wiederum würde das wohl anders enden. Dieser würde wahrscheinlich als Sandwich verarbeitet, an einem japanischen Flughafen als Sondermüll entsorgt werden.

Es war spätabends und wir übernachteten in einem Flughafenhotel. Wir fuhren erst am nächsten Morgen nach Tokio. Bevor wir jedoch überhaupt irgendwo hinfuhren, benötigten wir erstmals ein bisschen Zeit, um herauszufinden, wie wir vom Flughafen in Narita ins Zentrum von Tokio gelangen konnten. Das war gar nicht so einfach.

 

In diesem Moment habe ich mir eine geplante, geführte Reise gewünscht.

 

An Schildern und Personal mangelte es jedenfalls nicht am Flughafen. Das war übrigens überall in Japan der Fall. Egal, ob Flughafen oder Bahnhof. Ein hilfsbereiter, freundlicher Beamter steht quasi an jedem Eck und schaut nach dem Rechten. Allerdings, und das wurde uns schlagartig bewusst, ist Englisch hier so eine Sache. Die Kommunikation gestaltete sich manchmal ein wenig schwierig. Dazu später mehr. Am besten und preiswertesten gelangt man mit dem Zug in die Innenstadt. Das Schienennetz in Japan ist sehr gut ausgebaut. Wir machten uns also mit dem Zug auf den Weg nach Tokio City. Die Fahrt ins Zentrum dauerte gut anderthalb Stunden. Wir nutzten die Zeit, um einige Eindrücke aufzusaugen. Schließlich fährt man nicht jeden Tag mit einem Zug nach Tokio.

 

Da waren wir plötzlich in Japan. Verrückt.

Wir bestaunten die japanische Landschaft mit ihren typisch japanischen Häusern und erfreuten uns an den vielen Unterschieden zu Deutschland. Einfach alles sieht im Vergleich zu unserer Lebensweise ein wenig anders aus. Die japanischen Lichter bzw. Straßenlaternen, Strommasten und die japanischen Autos zum Beispiel. Überall waren japanische Schriftzeichen zu sehen. Es kam uns vor, als wären wir in eine Spielzeugwelt abgetaucht.



Alles war plötzlich so anders. Die ersten Eindrücke waren sehr Speziell.


Im Großstadt-Jungle angekommen versuchte ich herauszufinden, wo wir dann genau aussteigen bzw. umsteigen mussten. Zwar findet man den Fahrplan oftmals in den regionalen Zügen. Allerdings ist dieser dort meistens nur auf Japanisch angeschrieben. Ein englisch sprechender, freundlicher Mann neben uns reagierte auf meine Frage. Er erklärte mir, dass es noch ein paar Stationen dauern würde, bis wir umsteigen müssten und dass er uns nochmals Bescheid geben würde, wann es denn so weit wäre.


Sehr nett. Es schien so, als wäre es erst der Anfang zahlreicher Nettigkeiten. So, wie wir es gehört hatten. Ganz nach meinem Geschmack.

Als wir den Zug an der Station „Jimbocho“ verließen, sprang uns der Mann hinterher. Nicht weil wir am falschen Ort ausgestiegen waren, sondern weil wir vermeintlich eine Visitenkarte verloren haben. Die besagte Karte hatte weder Edisa noch meine Wenigkeit jemals gesehen. Das tat uns sehr leid, da der freundliche Mann, dank seiner Hilfsbereitschaft, seine Weiterfahrt verpasste. Zack, gingen die Türen zu und der Zug fuhr weiter. "Haben Sie wegen dieser Karte jetzt Ihren Zug bzw. die Weiterfahrt verpasst“? „Ja“, erwiderte er. „Das sei aber nicht schlimm“. Er hätte heute Zeit und der nächste Zug würde ja bald kommen, meinte er zu uns. Wow. Edisa und ich schauten uns an. Wo gibt es denn bitte schön so etwas noch, fragten wir uns beide? Ich bedankte mich trotzdem zehnmal, bevor wir dann weiterzogen. Wir kämpften uns durch die Menschenmenge an der Bahnstation. Wir waren nun irgendwo in Tokio und es war deutlich belebter als am Flughafen.

 

Mit deutlich belebter meine ich eigentlich „brechend voll“.

 

Wir mussten umsteigen und suchten unser Gleis. Wir waren Exoten. Ein Bollerwagen mit zwei blonden Kindern hat auch Japan noch nicht gesehen. Dazu kam ja noch das Gepäck. Eine Familie mit Bollerwagen, welche sich mit großen Riesengepäckstücken durch die Hauptstadt kämpfte, war eine Sensation. Die Leute staunten. Wie japanisches Staunen aussah? Ein kurzer Blick, gefolgt von einem leisen „woah“. Danach war natürlich ein verlegenes Wegschauen und Blickkontakt meiden angesagt. Zu guter Letzt folgte dann eine unangenehme Stille oder ein leises Getuschel. Der Umgang miteinander ist anders in Japan. Die Menschen schauen sich generell nicht an. Das war sehr auffallend und ungewohnt. Es kam mir vor, als wurden Unterhaltungen hier oftmals nur von einer Person geführt. Die andere Person startet quasi regungslos gerade aus und hört zu oder antwortet ohne Blickkontakt.

 

Bei aller Freundlichkeit, aber dieses Volk hat wirklich bizarre Gewohnheiten. Ich schaue den Menschen gerne in die Augen bei einem Gespräch.

 

Nebst dem einen oder anderen komischen Vogel gab es auch positive erste Impressionen. Es war sofort ersichtlich, dass hier ein anderer Wind wehte als in den zuvor besuchten Ländern (Ausnahmen Singapur). Es herrschte Ordnung, es war sauber und es erschien, als wäre ein respektvoller, gesitteter Umgang miteinander die Normalität. Keine zugemüllten Straßen. Die Straßen und Bahnhöfe waren sauber. Gedrängelt wurde hier nicht. Trotz der vielen Leuten. Auch geht es in Japan gesitteter zu. Man stellt sich in die Schlange und wartet, bis man an der Reihe ist. Sei es, um irgendwo ein oder aus auszusteigen, oder wenn man eine Rolltreppe benutzen möchte. Für Kinderwagen und Senioren gibt es in jedem Zugabteil einen separaten Bereich. Dieser wird tatsächlich auch „freigemacht“, wenn eine berechtigte Person oder eine Familie ihn betretet. Hier wird für Oma und Opa noch aufgestanden. Ältere Menschen werden hier tatsächlich noch mit Respekt behandelt. Das ist schön zu sehen. Wir schafften es nach Suidobashi. Als wir im Hotel Tokio Dome ankamen, waren wir fix und fertig. Wir verbrachten insgesamt 10 Nächte in Tokio.



Wir waren nun mitten in Tokio. Mit einem kleinen, teuren Freizeitpark direkt vor der Nase.


Wir hätten es nach der Ankunft erst einmal langsam angehen können. Aber nein. Nicht wir. Trotz der Müdigkeit wollten wir gleich hinaus und etwas erleben. Gesagt, getan. Wir waren hungrig und spazierten durch ein nahegelegenes Viertel. Wir fanden ein unscheinbares kleines, etwas in die Jahre gekommenes, Gyoza-Restaurant. Es gab nur eine kleine Sitzecke und einen Tresen. Die Besitzer, ein nettes Ehepaar, konnten kein Wort Englisch. Dennoch hat die Kommunikation irgendwie funktioniert. Ich wusste bis zu diesem Zeitpunkt ja auch nicht, dass Edisa Japanisch spricht. Folgende Situation hat sich zugetragen. Eine Dame, die Chefin, welche Bedienung und Köchin war, stand vor uns. Sie trug eine blaue, schon etwas in die Jahre gekommene, dreckige Schürze. Ihre schwarzen mittellangen Haare wurden durch ein dickes Haarband im Zaum gehalten.

 

Sie war eine Mischung aus Lukas, dem Lokomotivführer und einer Japanischen Version von Jane Fonda. Sie sah aus, als hätte sie gerade in einer alten Dampflok-Kohle nach geschaufelt und danach ein Aerobic-Workout absolviert.

 

Sie hatte sich ein dreckiges kleines Handtuch über die Schulter geworfen. In der Hand hielt sie einen kleinen Block und einen Stift. Sie redete auf Japanisch. Wir verstanden nichts. Nach jedem Satz fiel ein „Haiy Haiy“. Sie gab und nahm gleich selbst die Bestellung auf. Ich zeigte mit dem Finger auf irgendwelche Gerichte auf der japanischen Speisekarte und hoffte mein Bestes. Die Frau erwiderte irgendetwas auf Japanisch und beendete jeden Satz mit „Haiy Haiy“. Während ich noch verzweifelt versuchte, irgendwie zu kommunizieren, verfolgte Edisa jedoch eine völlig andere Taktik. Sie antwortete einfach ganz trocken „Haiy Haiy“.  Die beiden Frauen schauten sich an und waren sich wohl einig.

 

Ich habe Tränen gelacht. Wir hatten in dem Moment keine Ahnung, was wir hier gleich zu essen bekommen würden.

Verbucht wurde das Ganze unter: Authentische, erfolgreiche Restauranterfahrung. Das Essen war sehr lecker und Edisa’s Japanischkünste Weltklasse. Diese Szene werde ich in meinem ganzen Leben nie mehr vergessen.


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Ein gelungener Start in einer japanischen Spelunke, irgendwo in Tokio.


Während unseres zehntägigen Tokioaufenthaltes haben wir wirklich so einiges erlebt. Darüber könnte ich alleine 20 Seiten schreiben. Ich versuche das Ganze jedoch in einer Kurzfassung zusammenzufassen. Da Tokio unglaublich groß ist, war es uns unmöglich, jedes Viertel abzuklappern. Dennoch konnten wir einiges sehen und auch den Kindern ein paar schöne Tage bereiten. Neben dem Baseballstadion und dem gleichnamigen Hotel, Tokio Dome, befand sich ein kleiner Rummel. Gut für die Kinder. Schlecht für unseren Geldbeutel. Die Fahrgeschäfte waren sehr teuer. Vergleichbar mit Schweizer Preisen. Generell wurde dieses Japanerlebnis ziemlich kostspielig. Günstige Airbnb fanden wir keine. Auch das Essen war oftmals teuer. In Japan muss man den Geldbeutel weit aufmachen. Für alles. Erst recht, wenn man als Familie unterwegs ist. Doch man erhielt auch deutlich mehr Komfort als in anderen asiatischen Ländern.  Zurück zum Thema. Wir besuchten den Kaiserpalast in Tokio bzw. bestaunten die schöne Parkanlage. Den Palast selbst konnten wir nicht begehen. Die Anlage war sehr groß und schön gepflegt. Al zu viel gab es jedoch nicht zu sehen. Zahlreiche Obstbäume, Teile der alten Schutzmauer, riesige Tore und ein paar ehemalige Unterkünfte der Wachleute und Soldaten. Das war es.



Wir schlenderten durch die Anlage des Kaiserpalastes.


Wir zogen zu Fuß weiter in Richtung Tokio Tower, welchen wir 3 Km später, in der Dunkelheit und im strömenden Regen, erreichten. Der orangefarbene Mini-Eiffelturm leuchtete in voller Pracht. Nach ein paar Bildern hatten wir jedoch genug erlebt für den damaligen Tag. Wir aßen Sushi und kämpften uns danach mit den „Öffis“ wieder zurück zum Hotel.


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Den Eiffelturm, das Original in Paris, welcher 13 Meter kleiner ist, haben wir schon zwei Mal besucht. Nun war es and der Zeit die knallige, orange-weiße Version in Tokio zu betrachten. Der "Tokyo Tower".


Am nächsten Tag ging es mit der Metro nach Shibuya. Wir liefen über die berühmt-berüchtigte „Alle gehen Kreuzung“. Hier war ganz schön was los. Wir bestaunten die Menschenmassen und die vielen Fahrzeuge. Wir sahen auch zahlreiche Go-Karts, die hier mitten auf der Straße durch den Verkehr fuhren. Die Menschen waren oftmals als Mario, Luigi oder als Pokémon verkleidet. Das war ganz witzig zu beobachten. Bei uns undenkbar, doch in Tokio normal. Einen Tag verbrachten wir in Asakusa. Wir schauten uns den berühmten Schrein von Asakusa, Sono-ji, an und versuchten japanisches Streetfood. Allerdings waren die Waffeln mit Bohnenfüllung nicht sonderlich lecker. Die spektakuläre, frische Zubereitung sah besser aus, als es schmeckte. Generell ist das bei vielen Nachspeisen in Japan der Fall. Quasi „good from far but far from good“. In Japan wird auch wirklich aus vielem ein Hype gemacht. Für mich oft unverständlich.

 


Bewaffnet mit dem riesigen Selfie-Stab / 360° Kamera, machten wir Tokio unsicher und trafen unterwegs noch auf den guten alten Son Goku :-)


Was? Du warst in Japan und hast keinen japanischen Pancake gegessen? Wurde ich schockiert gefragt. Ja. Tatsächlich hatte ich keinen etwas zu dick geratenen, fluffigen Pancake mit „Bärengesicht“ Verzierung. Und ich lebe noch.

 

Social Media erschwerte einem oft das Leben in Japan. Da gab es zum Beispiel ein hübsches Café, welches rappelvoll war. Per Zufall sind wir dort vorbeigelaufen. Das sah von außen betrachtet ganz witzig aus. So etwas haben wir noch nicht gesehen. Aber um dort einen Kaffee, verziert mit einem Hündchen aus Milchschaum, zu trinken, muss man sich vor Ort einschreiben und stundenlang warten. Völlig normal in Japan. In Japan gibt es zahlreiche solche Beispiele. Wir sind uns das nicht gewohnt. Und um ehrlich zu sein, möchte ich mich an so etwas auch nicht gewöhnen. Japanische Freunde oder Pärchen stehen dafür zwei Stunden in der Kälte. Nur um danach 1000 Bilder vom „fluffigen-Milchschaum-Hundearsch“ auf Social Media zu posten.

 

„Woah“. Zwei Stunden in der Kälte stehen, sich dabei zu unterhalten, ohne einander in die Augen zu schauen, um danach einen Kaffee mit Milchschaum-Hundepopo-Krönchen zu trinken, ist quasi ein japanisches Traumdate. 

 

Kompliziert. Da verzichte ich liebend gerne auf den Milchschaum geformten Hundearsch-Kaffee und setze mich einfach in ein normales Café oder ein normales Restaurant, wenn mir gerade danach ist. Aber ok. Leben und leben lassen. Am darauffolgenden Tag haben wir es ein bisschen ruhiger angehen lassen und besuchten einen Indoorspielplatz. Es war ein schöner Spielplatz mit richtig tollem Spielzeug. Bei uns wäre so etwas undenkbar. Nach einem Tag wären die tollen Spielzeugautos und Züge wohl alle geklaut. Die japanische Sorgfalt und der Umgang mit Gegenständen sind vorbildlich. Das muss man so sagen. Davon könnten wir uns eine Scheibe abschneiden. Dies wird schon in jungen Jahren gelernt. Die Kinder sind oft sehr ruhig. Ungewohnt. Selbst auf dem Indoorspielplatz war eine gewisse Ordnung und Ruhe ersichtlich.

 

Ich habe zuerst gedacht, wir sind hier bei einem Autistentreffen gelandet. Zu sehen, wie die meisten Kinder in einer Ruhe dasitzen und leise mit ihren Spielzeugautos und Zügen spielen, war einerseits schön, andererseits ehrlicherweise auch ein bisschen erschreckend. Ritalinhersteller könnten dort kostenlose Werbevideos filmen.

 

Natürlich war es nicht immer leise und ruhig. Es gab auch emotionale und wilde Momente. Ein Kind fing beispielsweise an zu weinen, weil Enaila ihr Puppenhaus nicht teilen wollte. Wahrscheinlich war das eine völlig neue Erfahrung für dieses japanische Mädchen. Ein „ich war zuerst und ich spiele jetzt damit“ hat dieses Kind auf diese Art und Weise wohl noch nie gehört. Ellenbogen ausfahren gibt es in solchen Situationen eher weniger. Stattdessen werden pragmatische Lösungen verfolgt und geteilt. Gut oder schlecht? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte. Wir sind da eher der Meinung, dass man nicht immer gleich alles hergeben muss. Denn um fair zu sein, gab es daneben noch drei weitere Puppenhäuser und genügend Spielzeug. Es gibt halt auch in Japan "Raum einnehmende" / Besitz ergreifenden Kinder, welche gerne Dinge haben möchten, mit welchen andere Kinder gerade spielen. Zart und friedlich war es nicht immer. Wir haben einige Spielplätze in Japan besucht. Manchmal ging die Post auch richtig ab. In Hiroshima beispielsweise hatte Luan mit einigen Jungs und Mädchen auf einer riesigen Matte gerungen. Das war Wrestling vom Feinsten und oftmals auch ziemlich grob. Es zeigte eine andere Seite der japanischen Kinder. Auf einem Spielplatz in Kyoto und auch Nara spielten die Kinder mit älteren Kindern zusammen Fangen und "Parcours". Ein Altersunterschied von 5 bis 6 Jahren war kein Problem. Auch so etwas würde es bei uns niemals geben. Zwölfjährige auf deutschen Spielplätzen rauchen Zigaretten, trinken Energie-Drinks und gammeln auf den Sitzbänken herum. Zurück zum Thema. Es blieb also nicht immer beim leisen, einsamen vor sich hin spielen. Die Anspielung, von wegen alles lauter Autisten, war ein bisschen überspitzt. Aber ein sorgfältiger, respektvoller Umgang mit Gegenständen und auch der gegenseitige Umgang miteinander ist in Japan wohl noch ein bisschen besser als wir uns das gewohnt sind. Das wird den Kleinsten schon mit auf den Weg gegeben. Das ist positiv.


Für einmal waren wir die „Asis“. Die gute, alte IKEA-Tüte fehlte uns. In Deutschland gingen wir immer vollgepackt mit Spielzeugen auf den Spielplatz oder in den Park. Es fehlte an nichts.

Hier hatten wir meist nicht viel dabei. Verkehrte Welt. Nun waren wir diejenigen, die Sandspielzeuge ausliehen. Allerdings haben wir auch immer gefragt oder wurden eingeladen. Etwas, was bei uns in Deutschland oder dem ehemaligen „Deutsch“-Land nicht selbstverständlich ist. Hier wird leider oftmals einfach genommen, ohne zu fragen. Und weiter ging die Reise. Einen Tag verbrachten wir in Shinjuku. Wir suchten den berühmten „Godzilla Head“, schlenderten herum und besuchten spontan einen Hundekaffee. Die Kinder fütterten ein paar nur aufs Futter fokussierte Hunde, welche sich danach, bzw. nach der Fütterung, absolut nicht mehr für uns interessierten. In Japan gibt es zahlreiche Tierkaffees. Ob Schweinchen, Frettchen oder Katzen. Alles kann gegen eine überwiegend stattliche Gebühr gestreichelt und gefüttert werden.

 

Balsam für die Seele. Der emotional, verkrüppelte Durchschnittsjapaner erfreut sich an der gekauften Liebe, welche, solange der „Leckerli-Vorrat“ reicht, auch prächtig erwidert wird.

 

Etwas, was wir so nicht mehr machen würden. Nicht wegen moralischer Gründen bzw. Bedenken. Aus moralischen Gründen haben wir zum Beispiel keinen der Tiger-Zoo´s in Thailand besucht. Dort werden die Tiere mit Drogen ruhiggestellt, damit Touristen ein paar Selfies mit den Riesenkatzen machen können. Das muss nun wirklich nicht sein. Dass „Dinkeldörte“ natürlich schon beim Thema „japanische Tierkaffees“ vor lauter Bluthochdruck die Knöpfe ihrer selbst genähten Strickjacke verlieht, ist mir bewusst. Und ja, ganz Unrecht hat sie nicht. Wie gut es den Tieren geht, ist dahingestellt. Reist man allerdings durch Thailand, Malaysia, Indonesien oder Vietnam, so kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass es diesen Flohbeutel in all den japanischen Tier-Kaffees ziemlich gut geht. Sie werden gepflegt, gefüttert und geliebt.

 


Hundekaffee, Indoorspielplatz, Godzilla Head. Das volle Programm.


Da das Wetter oftmals regnerisch war, verbrachten wir am nächsten Tag wieder ein paar Stunden auf dem wunderschönen Indoor-Spielplatz. Wir hatten es nicht eilig und die Kinder kamen so auf ihre Kosten.

 

Hallo liebe Sonderschüler, die „Assis“ sind wieder da. Spaß bei Seite.

 

Apropos Thema „Verhalten“. Ehrlicherweise entpuppte sich ein gewisses Verhalten mit der Zeit als sehr nervig. Das lag nicht an den leise vor sich her spielenden Kindern. Es waren mehr die regel bedachten Erwachsenen, welche ohne Regie, Anleitung oder ohne „Drehbuch“ komplett verloren wirkten. Die Menschen in Japan sind extrem schematisch. Weitsicht und individuelle Lösungsansätze gibt es aus meiner Sicht nicht. Ohne Regelbuch sind Sie verloren. Bei individuellen Fragen oder Ihnen unbekannten Problemen reagieren sie gleich wie beim Staunen: „Woaaaaah“. Verloren.

Alles, was quasi nicht in der Anleitung steht oder nicht gelernt wurde, ist ein Problem. Die Person wirkt oft hilfloser als der Fragesteller, welcher eigentlich ein Problem hat. Die Leute sind wirklich oftmals komplett verloren. Koppelt man das Ganze dann mit einer bizarren Art und Weise, quasi einem Mix aus Verlegenheit, Zurückhaltung und übertriebener Freundlichkeit, dann kommt nichts Schlaues dabei raus.

 

Ein Freund beschrieb die Japaner nach seiner Japanreise als „grau“. Eine äußerst passende Beschreibung. Ich hingegen gehe noch einen Schritt weiter und füge dem „grau“ noch ein „hohl“ hinzu.

 

Zahlreiche Beispiele und Situationen führten zu einer immer größer werdenden Unzufriedenheit. Es ging so weit, dass uns die Menschen schon nach wenigen Tagen auf den Wecker gingen. Es waren kleine Situationen, in denen einem das Leben unnötig schwer gemacht wurde. Hier einige "unkomplizierte" Alltagsbeispiele aus Japan. Oder wie ich dazu sage: "Lecko mio", "scheiß die Wand an", "holla die Waldfee". Erhängen wäre einfacher. 


Es war zum Beispiel nicht möglich, für uns vier eine Eintrittskarte für den Indoorspielplatz zu kaufen. Edisa war noch eine Zigarette rauchen, wofür man in Japan oftmals Kilometer weit gehen muss. Selbst als Nichtraucher ist das Ganze oft lästig anzusehen. Ich durfte nicht für Sie bezahlen, weil Sie nicht anwesend war. Wir mussten also warten, bis sie zurückkam. Erst dann konnten wir alle hineingehen. Dass wir die einzigen Ausländer waren und uns die Dame zwei Tage zuvor schon bediente und sich über die blonden Kinder freute, spielte keine Rolle. Flexibel ist anders bzw. gibt es in Japan nicht.


Als wir mit dem Zug nach Nara fuhren, mussten wir für die Kinder tatsächlich nichts bezahlen, wenn sie auf unserer Chaussee sitzen würden. Die Fahrtzeit betrug nur 40 Minuten. Das war vertretbar. Der Zug war leer. Es befanden sich vielleicht nur fünf weitere Personen im selben Abteil. Logisch, dass man sein Kind dann auf einen eigenen Sitz, einer der zahlreichen Sitze neben sich, setzt. Jeder hätte auf 20 Sitzen schlafen können, so viel Platz hatten wir. Nein, nicht in Japan. Wir wurden vom Fahrkartenkontrolleur tatsächlich zweimal ermahnt und mussten die Kinder dann jeweils auf der Chaussee nehmen, während alle Sitze links und rechts frei waren. Erst danach ging er weiter.


Als wir mit dem Shinkansen nach Hiroshima fuhren, hatten wir aufgrund unseres Gepäcks und des Bollerwagens jeweils Plätze mit extra Stauraum gebucht. Anders ist das in Japan nicht möglich. Wer große Koffer hat, bezahlt dafür. Sperrgepäckplätze. Es handelte sich hierbei um die erste und letzte Sitzreihe eines jeden Abteils. Man hat hier quasi immer eine Sitzreihe ausgelassen bzw. keine Sitze eingebaut und stattdessen Platz für große Gepäckstücke, Musikinstrumente, Kinderwagen oder sonstiges Sperrgepäck geschaffen. Perfekt für uns. Auf der rechten Seite gab es nur zwei Sitze. Auf der linken Seite drei. Entsprechend unserer Buchung belegten wir rechts beide und links nur zwei Plätze. Als nach einigen Stationen eine Dame hinzustieß, wurde es witzig. Sie beharrte auf ihren gebuchten Fensterplatz. Kein Problem und legitim. Umständlich wurde es allerdings dann, als sie auch ihr Gepäck hinter ihrem Sitz verstauen wollte. Da standen die 30 Kilogramm schweren Taschen und der Bollerwagen. Dass sie ihren „Mini-Koffer“ einfach davor platzierte, war nicht möglich. Nicht für Sie. So viel Flexibilität wäre ja auch zu viel verlangt. Lustigerweise war es auch nicht möglich, dass ich Ihr Gepäck einfach über den Sitz lupfte und somit hinter ihrem Sitzplatz verstaute. Nein, die gute Dame beharrte quasi darauf, ihren Koffer persönlich zu eskortieren und hinter ihren Sitz zu schieben. Das hieß für mich, dass ich die Gepäckstücke und den Bollerwagen da irgendwie herausholen musste, damit ich der selbsternannten „Königin von Japan“ dann Platz machte, dass sie ihren Mini-Handgepäckkoffer, persönlich, hinter ihren Sitzplatz rollen konnte. Danach durfte ich den Bollerwagen und die Taschen wieder verstauen, während einige Menschen aus und in den Zug steigen wollten. Das Ganze natürlich auf engstem Raum. Unschön. Die Frau sprach kein Wort Englisch, aber an der Sprachbarriere lag es nicht. Sie wusste genau, was sie wollte, und redete in einem ruhigen Ton auf Japanisch auf uns ein. Das machte das Ganze noch schlimmer. Diese ruhige Art und Weise. Natürlich verließ die „nette“ Dame dann den Zug vor uns. Auch hier war ein unkompliziertes Heraus lupfen ihres hässlichen Koffers meinerseits nicht möglich. So wiederholte sich die gleiche "Shitsow" erneut.


Edisa hätte Sie verständlicherweise am liebsten schon nach dem Einsteige-Theater mit diesem scheiß Handgepäckkoffer erschlagen. Zurecht. Ich blieb zwar überraschend ruhig. Doch war ich nach dem zweiten Mal dann auch so weit, dass ich sie am liebsten in „Sumo-Manier“ aus dem Zug geschleudert hätte.

 

Im Bahnhof durften wir die Kinder nicht im Bollerwagen vor uns herschieben. Das sei aus Platzgründen nicht erlaubt. Gut, akzeptiert. Wartet man jedoch am Gleis auf den Zug und hat müde Kinder, dann ist es doch logisch, dass man den Bollerwagen aufmacht, damit sich die Kinder da hineinsetzen oder hineinlegen. Platz hatte es weit und breit genügend am Gleis. Der Wagen wird ja auch nicht mehr bewegt und käme quasi einer Sitzbank gleich. "Denkste". Zweimal wurden wir gerügt. Einmal, in "Shin Fuji", standen wir ungelogen Mutterseelen alleine am Gleis. Da kam von einem Kilometer Entfernung einer angerannt und ermahnte uns, den Bollerwagen zusammenzuklappen. Es wurde uns nicht gestattet, den Bollerwagen zu öffnen. Die Kinder mussten sich dann neben dem Bollerwagen auf den Boden legen. Kein anderer Mensch, weit und breit. Da rennt ein uniformierter Bahnangestellter wie von der Biene gestochen durch den leeren Bahnhof, das Gleis entlang, als wäre es der Olympia-Zieleinlauf, um unsere Kinder aus dem Bollerwagen zu schmeißen. Das muss man sich mal vorstellen. Idiotisch.

 

Das war die Heldentat des Jahrhunderts. Wahrscheinlich wurde der pflichtbewusste Mann danach noch ausgezeichnet und befördert.

 

Da es kalt wurde und der Winter sich näherte, mussten wir kleidungstechnisch einige Dinge für die Kinder kaufen. Wir gingen zu Uniqlo. Vergleichbar mit H&M und C&A. Die Kinderabteilung befand sich direkt neben der Herrenabteilung. Als wir einige Teile im Einkaufskorb hatten, erblickte ich zwei leere Umkleidekabinen in der Herrenabteilung zehn Meter neben uns. Ich schnappte mir die Kinder und wir probierten uns gemeinsam durch einige Teile, als plötzlich eine Frau auf Japanisch auf uns ein quasselte. Sie stoppte den Umkleideprozess und machte uns klar, dass das so nicht erwünscht sei. Sie führte uns danach durch das gesamte Stockwerk, bzw. gefühlt zehn Kilometer an das andere Ende des Stockwerks. Dort gab es weitere Umkleidekabinen. Eine davon war extra für Familien ausgelegt und etwas größer. Dort wurden wir dann hineinverfrachtet. Umständlicher geht es nun wirklich nicht mehr. Ich hätte wahrscheinlich schon längst bezahlt und das Geschäft verlassen. Wie schön konnten wir in dieser Situation den japanischen Luxusservice in Anspruch nehmen und uns in der XL-Familienkabine umziehen. Was für das pflichtbewusste Personal als Top-Service gilt, war für uns nur lästig.


In Hiroshima versendeten wir drei Postkarten. Wir suchten eine Poststelle auf, um Briefmarken zu kaufen. Ich war zu diesem Zeitpunkt der einzige Kunde in der Poststelle. Es saßen drei Frauen an drei Schaltern. Eine Dame winkte mir zu. Ich ging zu ihr und fragte nach Briefmarken. Die zwei anderen Damen gesellten sich dann dazu, weil es mit der Kommunikation Probleme gab. Doch der Sachverhalt war klar. Drei Postkarten lagen auf dem Schalter. Sie fragten mich, wohin ich diese gerne versenden möchte. „Germany“, antwortete ich. „Europe“? Fragte Sie darauf.   

 

Möglich, dass man aus gegebenem Anlass Deutschland mittlerweile zum Nahen Osten bzw. Vorderasien zählt, dachte ich mir dann.

 

Ich nickte. Sie kassierten ab und händigten mir jedoch keine Briefmarken aus. Ich winkte und forderte die Briefmarken. Doch die drei Damen beschlossen, so wie es der gute japanische Service vorsieht, die Briefmarken für mich auf die Postkarten zu kleben. Und so startete die unvergessliche Show. Ich muss dazu noch anmerken, dass ich wirklich genügend Platz gelassen hatte, um Briefmarken auf die Postkarten zukleben. Doch die Damen machten eine Wissenschaft daraus. Sie diskutierten zu dritt und drehten die Postkarten hin und her. Sie machten und taten so, als wären Sie in der finalen Endphase einer Medikamentenforschung und könnten sich keinen Fehler erlauben. Die Briefmarken auf die Postkarten zu kleben, schien eine noch nie dagewesene Challenge zu sein.

 

Es war quasi die Herausforderung ihres Lebens. "Go for it"! Ich glaubte ganz fest an ihr Können und drückte ihnen für diese besondere Mission die Daumen.

 

Ich wurde bitter enttäuscht. Es schien, als hätten Sie noch nie eine Postkarte gesehen. Als wäre die Aufgabe nicht zu bewältigen. Ich war bei der Post wohlverstanden. Ich habe nicht im Sushi-Restaurant nach Briefmarken gefragt. Ich stand in einer Postfiliale und wollte nur drei Briefmarken kaufen. Die eine Dame übernahm dann plötzlich das Ruder und die Verantwortung. Die beiden Kolleginnen schienen überfordert. Sie waren wohl nicht in der Lage, die Mission zu erfüllen. Der Leitwolf musste es richten. Es fehlte quasi nur noch, dass sie im Handbuch nachschauten. Doch es gab keine Anleitung für die Damen. Die Hilflosigkeit war ihnen anzusehen. Auch der Leitwolf scheiterte. Mission Impossible. Doch dann entflammte plötzlich eine neue Diskussion. Taktikbesprechung. Die "Shitshow" nahm kein Ende. Apropos Ende. Das Ende vom Lied war, dass es die drei Superagenten: "00-Dumm", "00-Saudumm" und "00-Ober dämlich", dann tatsächlich geschafft haben, die Briefmarke halb über den Postkartenrand hinaus zu kleben. Das muss man sich mal vorstellen.

 

Die Nullen stehen übrigens für null Hirn und null Fähigkeiten.

 

Zurück zu Tokio. Da wir, was das Thema Animes, Comics und verrückte Menschen angeht, eigentlich ein bisschen mehr von Tokio erwartet hatten, haben wir beschlossen, uns gezielt auf die Suche zu machen. Nebst einem wohl gern genutzten Fotospot bei Tokio Dome, bei welchem wir zahlreiche verrückt gekleidete Menschen beim Fotoshooting zusehen konnten und nebst der Handvoll Verkleideten, welche auf den Go-Karts in Shibuya an uns vorbeiflitzten, haben wir nicht viel Verrücktes gesehen. Klar gibt es zahlreiche Mädchen und Frauen, welche diese Manga-Geschichte ein wenig ausleben. Allerdings ist „Röckchen“ und zu viel Schminke nichts Besonderes in Japan. Wir haben uns trotzdem alles ein wenig verrückter vorgestellt. Wir machten uns also selbst gezielt auf die Suche und tauchten ab in unsere Kindheit. Wir besuchten das „Pokémon Center Tokyo DX“ und aßen im Pokémon Café zu Mittag.


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Das „Pokémon Center Tokyo DX“ zu besuchen war für die ganze Familie ein Highlight.


Eine lustige Erfahrung. Tolle Momente für die ganze Familie. Der ganze Spaß war zwar extrem teuer. Allerdings bekamen wir Chefkoch Pikachu höchst persönlich zu sehen und erhielten eine Show, wie man Sie sich aus Japan vorstellt.

 


Das Essen im Pokémon Café war witzig. Geschmacklich jedoch miserabel.


Da das Wetter oft regnerisch und kühl war, besuchten wir erneut den Indoorspielplatz und gammelten die letzten zwei Tage in Tokio ein wenig herum.





Unsere Reise in Richtung Hiroshima führte uns als Nächstes zu dem japanischen Wahrzeichen schlechthin. Der Fuji. Den berühmten Vulkan mit seinem unverkennbaren Schneekrönchen wollten wir unbedingt sehen. Wir verließen Tokio und fuhren mit dem Shinkansen nach "Shin Fuji". Auf dieser Reiseetappe ging so ziemlich alles schief, was hätte schiefgehen können. Im Vorfeld war schon klar, dass wir bei diesem doofen Vulkan keine Schneekrönchen zu sehen bekämen. Völlig untypisch, zu dieser Jahreszeit. Es war der Jahrhundertrekord. So lange mussten die Menschen noch nie auf das Schneekrönchen warten. In Japan war das eine große Sache und ein Problem. Wir hofften, dass der Schnee mit unserer Ankunft auch eintrudelte und wir einen prächtigen Fuji San mit weißer Schneekrone zu sehen bekämen. Doch in „Shin Fuji“ angekommen, war nichts vom Vulkan zu sehen. Es war bewölkt. Dazu kam, dass wir herausgefunden hatten, dass wir hier in einer Industriestadt gelandet sind. Um die schönen Fuji-Fotospots zu sehen, müssten wir auf die andere Seite des Vulkans. Dazu müssten wir zurück nach Tokio und von dort aus 5 Stunden in eine andere Richtung fahren. Wir hatten eigentlich nur eine Nacht direkt neben dem Bahnhof gebucht und wollten danach "into the wild" ins japanische Hinterland abtauchen. Doofe Situation.

 

Meine Schweizer Seele nahm es gelassen. So ein Theater wegen eines kleinen Hügels und ein bisschen Schnee.

 

Wir klapperten einige Autovermietungsbüros in der Nähe des Bahnhofs ab. Der Plan war es, mit einem Mietauto einige Tage die Gegend rund um den lieben Fuji San zu erkunden. Der Plan ging nicht auf. Mit einem internationalen Führerschein kann man in Japan kein Mietauto mieten. Das wussten wir nicht. Die Japaner verlangen eine japanische Übersetzung des deutschen Führerscheins, welche man an einigen Stellen des Landes erhält (Japan Automobile Federration), oder sich im Vorfeld, in Deutschland bei einigen Institutionen, wie der ADAC, hätte ausstellen lassen sollen. Drei Autovermietungen wiesen uns ab. Internationale Führerscheine sind hier wertlos. Wir waren gestrandet in einer kleinen japanischen Industriestadt. In Shin Fuji gab es nicht viel zu sehen. Der kleine Bahnhof war das Highlight. Wir übernachteten direkt daneben in einer für japanische Verhältnisse günstigen Absteige. Der Fuji war auch abends nicht zu sehen, und unser Plan, mit dem Auto ins japanische Hinterland zu fahren, löste sich in Luft auf. Also musste ein neuer Plan her. Am nächsten Morgen um 6:15 Uhr setzten wir diesen neuen Plan in die Tat um. Der Himmel war klar und der gute, alte, nackte Fuji San zeigte sich in voller Pracht. Es hat sich also doch noch gelohnt. Wir putzten die Zähne, warfen die Kinder in den Bollerwagen und liefen 25 Minuten durch eine kleine, verschlafene Industriestadt zu einem bekannten Fotospot. Ein Morgenspaziergang in deutscher Manier durch Japan, wenn man so will. Angekommen an der „Treppe zum Fuji“, knipsten wir ein paar Bilder. Um 7 Uhr kam ein Guide, welcher vor Ort für Recht und Ordnung sorgte. Auch erste, andere Touristen trudelten mit ihren Kameras und Selfiesticks ein. Wir waren da schon fertig, begrüßten die Menschen freundlich und spazierten zurück zum Bahnhof.

 

Konichiwa, servus und ciao.


 


Am Bahnhof angekommen, konnten wir glücklicherweise noch ein Zugticket für die Weiterfahrt nach Kyoto kaufen. Die Geschichte mit "Into the Wild" warfen wir über Bord. Das Problem war nur, dass der Zug schon in 20 Minuten fuhr. Das war die einzige bequeme Möglichkeit, um am selben Tag „Shin Fuji“ zu verlassen. Wir wollten nicht nochmals an diesem Ort übernachten und rannten zum Hotel, um alles zu packen, auszuchecken, damit wir den Shinkansen nach Kyoto erwischten. Wir schafften es.

 

Dieser Morgen hatte es in sich. Um 11 Uhr waren wir in Kyoto. Es fühlte sich an, als wäre es 23 Uhr abends.

 

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Kyoto war eine Reise wert. Wir verbrachten schöne, ruhige Tage in der ehemaligen japanischen Hauptstadt.


10 Tage verbrachten wir in Kyoto. Es waren schöne Herbsttage. Für uns ungewohnte Temperaturen. Abends bzw. nachts kühlte es ab und wurde 4 Grad kalt. Tagsüber schien meist die Sonne und es war manchmal schon fast frühlingshaft. Wir verbrachten die meiste Zeit draußen. Wir mieteten uns zwei Fahrräder, packten die Kinder hinten in den Kindersitz und erkundeten die Stadt. Wir klapperten einige Sehenswürdigkeiten ab, picknickten am Fluss und verbrachten einige Stunden auf verschiedenen Spielplätzen.

Wir fanden in unserem Viertel eine alte Bäckerei. Jeden Morgen sind wir mit den Fahrrädern dorthin gefahren und warteten auf frische Hörnchen. Besonders Luan erfreute sich daran. Das mildere Wetter und die leckere Brotware erinnerten ihn an sein geliebtes Deutschland.

 


Die meiste Zeit waren wir in Kyoto mit dem Fahrrad unterwegs. Ob Sehenswürdigkeiten, Spielplätze oder der Fluss. Alles konnte mehr oder weniger bequem mit dem Fahrrad erreicht werden. 


Wir besuchten während unseres 10-tägigen Aufenthaltes in der alten Kaiserstadt den "Gyoen" mit seiner wunderschönen Parkanlage, picknickten am "Kamo" (Fluss), fuhren und liefen durch diverse Viertel, besuchten den "Yasaka-Schrein", das historische, alte Viertel "Masuyacho" und den "Yasakakamimachi". Wir schauten uns den sehr speziellen Bahnhof von Kyoto an, liefen durch die 1000 Tore, besuchten den "Seiryo-ji-Tempel" und den "Sagatoriimotoadashinocho-Bambuswald". Ausserdem schlenderten wir oft durch die Innenstadt, deckten uns mit Souvenirs und warmer Kleidung ein und suchten in unzähligen Geschäften Winterschuhe für die Kinder.

 

Ein winterfester, gefütterter Schuh für Kinder zu finden, war eine Herausforderung. Überraschenderweise fanden wir nichts Gescheites. Zahlreiche Kaufhäuser und Geschäfte klapperten wir ab. Erfolglos. Diese Geschichte wurde noch zum Problem.

 




Nach Kyoto ging unsere Reise weiter in Richtung Nara. Diesen wertvollen Typ hatten wir von Freunden erhalten und dankbar angenommen. Nara war eine Reise wert.  Die Ortschaft bzw. das Städtchen selbst war nicht allzu groß. Allerdings fanden wir rings um Nara eine wunderschöne, idyllische Natur, tolle Parkanlagen und schöne Spielplätze vor. In Nara sind überall frei laufende Rehe zu sehen. Man kann die Tiere hautnah erleben und begegnet ihnen überall. Wo man auch nur hinschaut, waren Rehe zu sehen. Ganze Herden rannten über die Felder und durch die Parks. Einige Rehe ließen sich füttern und verbeugten sich sogar. Unfassbar und kaum zu glauben. Aber japanische Rehe verbeugen sich tatsächlich.


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Nara bietet eine wunderschöne, idyllische Natur und tolle Parkanlagen.


Nach vier Tagen reisten wir weiter. Wir überlegten uns lange, ob wir noch einen Stopp in Osaka einlegen sollten. Wir waren jedoch ein bisschen übersättigt von Japan und Reise müde. Dementsprechend beschlossen wir direkt nach Hiroshima zu fahren und nutzten erneut den guten alten Shinkansen. Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas mal sage, aber in Japan Zug oder Bahn zu fahren ist sehr angenehm. Abgesehen von den speziellen Menschen, welche einem das Leben oft erschwerten. Die Züge selbst sind jedoch äußerst pünktlich und sauber. Etwas, was von der Deutschen Bahn leider nicht behaupten kann.





Wir verbrachten eine Woche in Hiroshima. Diese geschichtsträchtige Stadt bot einiges. Wir besuchten natürlich den Hiroshima Peace Memorial Park. Der Park ist ein Erinnerungsort mit über 70 Monumenten, Einrichtungen, Statuetten und Gedenksteinen, die den direkten und indirekten Opfern des Atombombenangriffs vom 6. August 1945 gewidmet sind. Eine sehr eindrückliche Erfahrung. Wir ließen beim Children’s Peace Monument die Glocke läuten und schlenderten zur "Genbaku-Kuppel". Das berühmte Gebäude befand sich ca. 140 Meter vom Ground Zero entfernt und wurde nicht komplett weggefegt.

 

Das ist schon ein spezielles Gefühl, wenn man mitten in Hiroshima steht und sich vorstellt, dass bis auf wenige Gebäude bzw. Teile von Gebäuden und einige Bäume praktisch alles in Schutt und Asche zerlegt wurde.

 

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Wir versuchten den Kindern die Bedeutung dieses Ortes zu erklären. Gar nicht so einfach. Für Sie war die

"Genbaku-Kuppel" einfach nur ein kaputtes Haus.


Natürlich machten wir auch einen Tagesausflug zur "Miyajina". Die „Schrein-Insel“ erreichten wir nach einer 40-minütigen Bootsfahrt. Ein netter Tagesausflug. Natürlich versuchten wir auch in Hiroshima unser Glück und gingen auf Shoppingtour. Leider fanden wir auch hier keine Winterschuhe für die Kinder. Das wurde zum Problem. Die Temperaturen fielen und wir waren drei Tage davor, in den Flieger Richtung Südkorea zu steigen. Und zu unserem „Glück“ vermeldete Seoul einen Jahrhundertrekord. Schnee ohne Ende fiel in Südkoreas Hauptstadt.

 

Nicht unbedingt Sandalen und Grocs Wetter. Wir waren dafür definitiv nicht bereit.

 

Die Kinder liefen immer noch mit Grocs und Sandalen herum. Die geschlossenen Schuhe aus Deutschland waren schon längst viel zu klein. Die hatten wir vor drei Monaten verschenkt. Zu 99,9 % waren wir alle die letzten Monate, sowieso nur in Schlappen und Flipflops unterwegs. Nachdem wir auch hier zahlreiche Kaufhäuser und Geschäfte erfolglos abgeklappert hatten, haben wir es aufgegeben. Wir wollten keine herkömmlichen Sneaker kaufen. Wir benötigten Winterschuhe. Einerseits lag Schnee in Südkorea, andererseits beabsichtigten wir nach 5 Tagen in Südkorea, ein paar Tage in die Berge zu gehen und Ski zu fahren, bevor es zurück nach Thailand ging. Hätten wir herkömmliche Sneaker gekauft, hätten wir einfach nur Geld aus dem Fenster geworfen. Da diese 5 Tage später nicht mehr gebraucht wurden.

 

Wir kauften dicke Socken und schichteten diese übereinander. Wir zeigten Flagge. The Germans. Socken mit Sandalen zu tragen, ist ja bekanntlich unser Markenzeichen. Was bei 30 Grad am Ballermann geht, können wir auch bei Minustemperaturen in Hiroshima und Seoul.

In Hiroshima selbst haben wir sonst nichts Großartiges mehr erlebt. Wir haben es während der letzten Tage unseres Japanabenteuers ruhig angehen lassen. Kulinarisch nutzten wir es nochmals aus und aßen in einigen leckeren Restaurants. Wir aßen leckere Austern. In Hiroshima werden jährlich rund 20‘000 Tonnen Austern „produziert“. Wir waren quasi an der Quelle. Ansonsten haben wir nichts Weltbewegendes mehr erlebt. 





Nun ist es an der Zeit, ein Fazit zu ziehen. Wie war es denn in Japan? Fangen wir beim wichtigsten Punkt an. Dem Essen. Generell haben wir in Japan gut gegessen. Allerdings war das Ganze fast immer eine kostspielige Angelegenheit. Abschließend muss man jedoch sagen, dass wir dennoch ein bisschen mehr erwartet haben. Zum Beispiel freuten wir uns im Vorfeld wahnsinnig auf Sushi. Das beste Sushi, das wir allerdings jemals gegessen hatten, war nicht in Japan. Apropos Sushi. Die Kinder lieben Lachs. "Salmon Maki", "Salmon Nigiri" und "Salmon Sashimi" gehören zu ihren Lieblingsspeisen. Wenn wir sie fragen, was sie gerne essen möchten, dann schreien Sie "Sushi". Vor unserer Japanreise haben wir den Kindern unzählige Sushi-Schlemmer-Einheiten versprochen. Wir reisten quasi ins Sushi-Mekka. Was wir allerdings nicht bedacht haben, ist, dass es in Japan gar nicht großartig üblich ist "Lachs-Sushi" zu essen. Lachs galt in Japan bis zu den 90er Jahren als minderwertiger Fisch, der anfällig für Parasiten war. Erst in den 90er Jahren hat man norwegischen Zuchtlachs, der als sicher für den rohen Verzehr galt, durch eine erfolgreiche Werbekampagne und eine Preisstrategie als beliebte Sushi-Zutat etabliert. Generell sind wir mit zu großen Erwartungen nach Japan gereist. Bitte nicht falsch verstehen. Rahmen, Sushi, "Tonkatsu", "Wagyue-Beef", Austern. Alles vom Feinsten. Das Essen war gut, die Leute waren freundlich und es war sauber. Aber in vielerlei Hinsicht hatten wir trotzdem andere Vorstellungen. Die japanische Freundlichkeit entpuppte sich auserdem oft als gelerntes Drehbuch. Sie war lästig, ärgerlich und zeitraubend. Aus keinem Problem wurde ein Problem gemacht. Dabei wird freundlich gelächelt. Weil es die Etikette so verlangt. Die Menschen waren oftmals jedoch unbeholfen, mit sehr speziellen, für uns bizarren Eigenschaften bzw. Handlungen. Auf Social Media wird Japan als Supermacht dargestellt. Das Leben in Japan sei so viel besser, weil die Leute nicht drängeln und es fast keine Kriminalität gibt, es so sauber ist und und und. Unserer Erfahrung nach mag das alles stimmen, jedoch ist es für uns eine bizarre Lebensweise. Und die Menschen straucheln übrigens auch in Japan. Zwar gelten die Japaner als fleißig und arbeitstüchtig. Wenn man sich allerdings anschaut, wie dort gearbeitet wird, dann kann ich das so nicht bestätigen. Was in Deutschland eine Person erledigt, wird in Japan von 5 Personen erledigt. Wir haben viel herumstehendes, überflüssiges Personal gesehen. Als ich diesen Blogbeitrag über Japan angefangen habe zu schreiben, steckte Deutschland in einer Rezession fest. Vielleicht sollte ich die Klappe nicht allzu weit aufreißen. Doch habe ich erst gerade einen interessanten Artikel gelesen. "Die japanische Wirtschaft kommt seit Jahren nicht in Pötte", hieß es in dem Beitrag. Das Land sei quasi voll verbeamtet. Meinen Beobachtungen nach würde das schon ganz gut passen. Der gute Service entpuppte sich leider oft als komplett kompliziert und unnötig. Letztens habe ich ein Video gesehen. Es wurde gezeigt, wie hervorragend Rollstuhlfahrer in Japan behandelt werden. Während zwei Bahnangestellte links und rechts an der Tür stehen, klappt ein weiterer Bahnangestellter eine kleine Rampe aus, damit die Person im Rollstuhl schön aus der Bahn hinausfahren kann. Ein weiterer Bahnmitarbeiter winkt dem Rollstuhlfahrer hinaus. 4 Menschen, ein Job. Alles ist angeschrieben und vorgeschrieben. Wahrscheinlich wären die Leute sonst nicht überlebensfähig oder wären völlig verloren. Zu guter Letzt nervten uns die Menschen in Japan nur noch. Wir brauchen keine 4 Menschen, die uns helfen, aus der Bahn auszusteigen. Wir brauchen auch keine 3 Postbeamte, welche es nach einer 30-minütigen Besprechung und Planung dann schaffen, die Briefmarke halb über die Postkarte hinaus zu kleben. Da ist mir das deutsche System, wo man vergeblich nach Hilfe und Beratung fragt, doch lieber.


Selbst die unfreundliche Schnepfe in der DHL-Poststelle haben wir zu schätzen gelernt.

 

Wahrscheinlich waren wir einfach zwei, drei Wochen zu lange in Japan. Dafür haben wir jedoch einen echten Eindruck vom Leben erhalten. Ein Leben, welches sicherlich kein schlechtes ist. Ein Leben, welches wir jedoch nicht leben möchten. Am Tag vor unserer Abreise übernachteten wir neben dem Flughafen in Hiroshima. Wir dachten, es wäre stressfreier. Das war im Nachhinein nicht notwendig, da wir den Flughafen problemlos und günstig mit einem Flughafenshuttle vom Busbahnhof in der Nähe erreichten. Am Flughafen angekommen, machten wir uns sorgen, da alle Flüge nach Südkorea ausgefallen waren. Zu heftig waren die Schneestürme. Wir versuchten locker zu bleiben und hofften, dass wir es am nächsten Tag wie geplant nach Seoul schaffen würden. Gestrandet in Hiroshima wäre sicherlich im Nachhinein auch eine witzige Story. Wahrscheinlich jedoch eine sehr teure. Wir hatten Glück. Das Wetter beruhigte sich und der Flieger hob wie geplant in Richtung Südkorea ab.

 

Wir sind am 29.11.2024 mit „Jeju Air“ von Hiroshima, Japan nach Seoul, Südkorea geflogen. Am 29.12.2024, also genau einen Monat später, krachte ein „Jeju Air“ Flugzeug wegen Vogelschlages in Südkorea über die Landebahn hinaus. 179 Menschen verloren dabei ihr Leben. Das Flugzeug startete in Bangkok, Thailand. Da waren wir doch erst. Auch wir reisten doch von Thailand in Richtung Südkorea. In diesem Flieger hätten auch wir sitzen können. Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke. Was das Schicksal für uns bereithält, wissen wir nicht. Das ist auch gut so. Und definitiv ein weiterer Grund, zu leben. Das zu tun, was man möchte. Etwas zu wagen. Auch wenn man für verrückt erklärt wird. Mutig sein. Egal ob richtig oder falsch. Denn was für den einen falsch ist, ist für den anderen richtig. Leben, bevor es zu spät ist. Denn es ist alles nur geliehen. Und unsere Zeit ist endlich❤️

 

 

 

 

 
 
 

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